Rede zum Doppelhaushalt 2022/2023

Sehr geehrter Herr Bürgermeister, Sehr geehrte Frau Kämmerin,

sehr geehrte Fraktionen, sehr geehrte Bürgerinnen und Bürger,

wie viel Zukunft muss eine Kommune wagen? Wie viel Verantwortung kann eine kleine Stadt wie unsere mit den überschaubaren finanziellen Mitteln übernehmen?

Zu Beginn der Haushaltsverhandlungen haben wir als GRÜNE Ratsfraktion deutlich gesagt: Für uns müssen die Schwerpunkte auf Klimaschutz und im Bildungsbereich liegen.


Noch einmal: die Kernfrage für die Zukunft lautet nicht ob überhaupt, sondern WANN wird Oerlinghausen klimaneutral?
Dieser Haushalt gibt keine Antwort.

Wenn ich mich an die Haushatsberatungen 2019 erinnere, dann meine ich mich an eine Aufbruchstimmung zu erinnern. Der Rat hatte den Klimanotstand ausgerufen, es gab die mitreißenden Demonstrationen von Fridays For Future und im Umweltausschuss wurde eine Klimamatrix mit Maßnahmen und Priorisierungen erstellt und eng getaktet beraten.

Corona hat diesen Schwung gebremst, doch der Haushalt 2022/2023 hätte ihm wieder Fahrt geben müssen. Dazu haben wir Vorschläge gemacht:

  • Eine Stelle für Klimamanagement in der Verwaltung, damit Klimaschutz nicht mehr nur nebenher läuft. Für eine Person, die alle Anstrengungen bündelt und selbst richtig gute Ideen entwickelt, Fördermöglichkeiten ermittelt und die Umsetzung vorantreibt.  Abgelehnt.

  • Einen echten Ausbau der Radwege in Oerlinghausen.
    Es war zeitweise unklar, ob die Konzeption einer Mobilitätsstation überhaupt im Haushalt verbleibt. Ja, für Radwege wird etwas getan, aber wir wünschen uns noch  mehr als rote Farbe auf dem Boden. Mehr Tatendrang. Eine wirkliche Mobilitätswende. Abgelehnt.

  • Einen deutlichen Ausbau der Solarenergie durch Stadt und Stadtwerke, um Erneuerbare Energien vor Ort ins Netz zu bringen. Und ja, auch hier gibt es Ansätze im Haushalt. Zuschüsse für Privatanlagen und  Abruf von Beratungsleistungen zum Ausbau. Aber nur jede zusätzliche Anlage zählt, es geht uns zu langsam. Eine Solaroffensive vor Ort? Abgelehnt.

  • Planung einer Ladeinfrastruktur – offen.


Am Montag wurde der neue Klimabericht des Klimarates IPCC der Vereinten Nationen veröffentlicht. Darin wird eindringlich davor gewarnt, dass die Anpassung an die Klimakrise überhaupt nur noch dann gelingen kann, wenn wir jetzt mit aller Macht handeln.

Zitat daraus: „Es gibt nur einen begrenzten Zeitraum, in dem erfolgreiches Handeln auf den Weg gebracht werden kann“.

Letztes Jahr urteilte das Bundesverfassungsgericht, „Klimaschutz ist der Schutz der Freiheit zukünftiger Generationen“.
Und dabei ist es gerade unsere Freiheit, die in diesen Tagen nicht mehr selbstverständlich erscheint. Nach der menschenverachtenden, völkerrechtswidrigen Invasion der Ukraine sprach Finanzminister Christian Lindner daher zurecht davon, dass „Erneuerbare Energien Freiheitsenergien sind“.

Klimaschutz ist daher die Verantwortung, die wir alle in der Gesellschaft zu tragen haben: Von Bund und Land zu Kreis und Kommunen, bis hin zu einer kleinen Stadt wie unserer. Ja, unsere Mittel sind begrenzt, aber wir haben uns in unserem Rahmen der Verantwortung für die Freiheit zukünftiger Generationen zu stellen. Ohne ambitionierte Klimaschutzziele aber steckt dieser Haushalt den Kopf in den Sand. Er verweigert sich der Verantwortung, Freiheit und Lebensgrundlagen in Oerlinghausen zu schützen.

Was den Bildungsbereich angeht, so gibt es doch noch ein Highlight im Haushalt. Das ist der Einstieg in die Erweiterung der Grundschule in Helpup und die deutliche Ausweitung des Medienentwicklungsplans. Das ist gut so und das unterstützen wir ausdrücklich, denn auch das ist Zukunftssicherung und Generationengerechtigkeit.

Trotzdem ist der Status Quo, den dieser Haushalt untermauert, ein Status Quo, den wir spätestens seit den schrecklichen Geschehnissen der letzten Tage nicht mehr haben. Es ist ein Status Quo, der Verantwortung wegschiebt. Und trotz knapper Kassen ist es auch ein Status quo, den wir uns als Gesellschaft und als Bürger:nnen unserer Stadt nicht mehr leisten können.

Daher werden wir, die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen den vorliegenden Haushalt der Stadt ablehnen. Wir wären bereit, Verantwortung zu tragen und mit Ihnen und den Bürger:innen unserer Stadt gemeinsam uns der Zukunft zu stellen: Klimaschutz als dringlichste Aufgabe unserer Generationen und unserer Kommune anzugehen.

Es braucht Mut in ungewissen Zeiten Veränderungen – notwendige Veränderungen – anzugehen. Dieser Mut fehlt in diesem Haushalt. Unsere Ablehnung des Haushaltes ist eine Ablehnung des Status Quo, und gleichzeitig drückt unsere Ablehnung ein Ja aus. Ein Ja zu einer Zukunft, die mehr wagt.

Vielen Dank.

03.03.2022, Ute Hansing-Held und Niklas Riesmeier für die Ratsfraktion Bündnis 90/Grüne Oerlinghausen

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