Haushaltsrede zum Haushaltsplan 2014

Es ist vollbracht – ein Haushaltssicherungskonzept (HSK) konnte vermieden werden. Grund zur Freude also?

Wie soll sich ein Hungernder freuen, wenn man ihm ein buntes Kochbuch präsentiert, welches ihm nur vorgaukelt wie schön alles sein könnte? Wie soll sich ein Rat freuen, wenn in einem 25-Millionen-Etat eine Deckungslücke von 10 Prozent (!) klafft und auch in den Folgejahren nicht mit einem ausgeglichenen Haushalt zu rechnen ist

Es gibt zwar auch überörtliche Ursachen für die prekäre Haushaltssituation in Oerlinghausen; wesentliches aber ist hausgemacht. Gerade wenn die kommunale Finanzlage angespannt ist, bedarf es besonderer haushaltspolitischer Anstrengungen hier vor Ort. Daran haperte es bisher.

Dabei hat unsere Stadt ein enormes Potential, das es endlich zu nutzen gilt. Daraus entsteht nicht immer unmittelbar und eins-zu-eins eine Haushaltsentlastung; manches wird zunächst Geld kosten. Aber mittelfristig werden sich Kreativität und Mut auch finanziell lohnen – unsere Stadtwerke zeigen, wie es gehen kann.

“Wir möchten mit Ihnen gemeinsam erörtern, wie wir das Thema “strukturelle Verbesserung der Haushaltssituation angehen.” Diese Einladung sprach die GRÜNE Ratsfraktion im Frühjahr 2003 (!) an die anderen Ratsfraktionen aus und lud zu einem Gespräch in das Bürgerhaus ein. Es erschien – niemand. Das war vor 11 Jahren.

In diesem Jahr nun gibt es zarte, hoffnungsvolle Signale, dass endlich (!) ernsthaft mit einer Haushaltskonsolidierung begonnen wird. Dabei ist für uns “Konsolidierung” viel mehr als nur “Kürzen” – es geht vielmehr darum, konzeptionell und durchdacht an die Dinge heranzugehen. Seit Jahren fordern und beantragen wir von Bündnis 90 / Die Grünen für die verschiedensten Bereiche strategisches, konzeptionelles Vorgehen. Der NKF-Haushalt muss so gestaltet sein, dass sich BürgerInnen und PolitikerInnen ohne große Umstände im städtischen Finanzwesen zurechtfinden können. Diese Aussagen kommen ihnen bekannt vor? Richtig, das haben Sie bereits wortwörtlich so gehört. Denn das waren alles Zitate aus den Haushaltsreden der GRÜNEN-Ratsfraktion aus der nun zu Ende gehenden Wahlperiode.

Und jährlich grüßt das Murmeltier…..

Ja, noch immer gibt es überörtliche Ursachen für die kommunale Finanzmisere: die Folgen einer Finanzkrise, verursacht durch einen hemmungslosen Kapitalismus eine seit 15 Jahren währende Steuersenkungsideologie auf Bundesebene zeigt ihre fatale Wirkung für die Kommunalfinanzen eine Umverteilung von unten nach oben – gesellschaftlich und in der staatlichen Hierarchie. Dieses trifft die Kommunen als letztes Glied in der Kette besonders.

Und: leider gibt es auch immer noch hausgemachte Defizite, die die Haushaltsmisere verstärken: Konzeptionslosigkeit in Teilen des Verwaltungshandelns so mahnen wir z.B. seit Jahren an, endlich beim Gebäudemanagement und in der Personalentwicklung konzeptionell voranzukommen. Ergebnis: Fehlanzeige örtliche  Fehlplanungen: es stellt sich immer deutlicher als Fehler heraus, dass die Variante “eine-Mensa-für-das-gesamte-Schulzentrum” von vornherein ignoriert wurde – denn so kann nicht zusammenwachsen was zusammen gehört und deutlich teurer wird es auch noch der NKF-Haushalt ist noch immer zu undurchsichtig bisher fehlt der politische Mut, Prioritäten zu setzen es wird Geld ausgegeben für Konzepte, die anschließend in der Schublade laden oder – wie das Einzelhandelskonzept – ignoriert werden – das muss beim auch von uns befürworteten städtebaulichen Konzept für die Innenstadtentwicklung endlich anders werden!

So wie immer in den letzten Jahren wird jede Fraktion für sich Licht und Schatten im Haushaltsplan vorfinden. Das gilt auch für die GRÜNE-Ratsfraktion. Und wie in den letzten Jahren haben wir uns auch in diesem Jahr in einem gewissen Umfang daran beteiligt, von der Substanz zu leben – einfach weil uns viele Leistungen für die Bürgerinnen und Bürger unserer Stadt so wichtig sind, dass wir versuchen wollen, diese zu erhalten. Das gilt beispielsweise für den Zuschuss zum Archäologischen Freilichtmuseum, den wir gerne noch erhöht hätten. Das gilt auch für die Sportstätten, für die Schulbudgets, das Förderprogramm “Jung kauft alt”. Und das soll  zukünftig wieder verstärkt für die energetische Sanierung städtischer Gebäude im Rahmen eines strukturierten Gebäudemanagements gelten.

Auch freuen wir uns, im Haushaltsplan 2014 trotz der dramatischen Haushaltslage Akzente gesetzt zu haben: der Stadtteil-Treff in der Südstadt bekommt eine faire Chance und erhält 9.000,– Euro für die Gestaltung des Weberparks konnten wir 20.000,– Euro verankern ist uns gelungen, falsche Weichenstellungen beim Kopphof-Komplex zu verhindern und stattdessen alle Entwicklungsoptionen für dieses Projekt zu erhalten über zusätzliche Stellen im Rathaus wird erst dann geredet, wenn ein fundiertes Personalentwicklungskonzept vorliegt – schließlich gibt es Gemeinden, die ein Personalentwicklungskonzept eigenständig erstellen und zwar in kürzester Zeit über die – aus unserer Sicht völlig überflüssige – Luxux-Erweiterung des Parkplatzes in Währentrup, die obendrein noch zu Lasten des Kinderspielplatzes geht, wird wenigstens noch einmal nachgedacht.

Dass sich nun alle Ratsfraktionen für eine strategische Haushaltskonsolidierung ausgesprochen haben, begrüßen wir. Die Kämmerin kann sich unserer Unterstützung sicher sein. Auf den Praxistest sind wir allerdings sehr gespannt, denn es wird zukünftig noch viel stärker als bisher darum gehen, Prioritäten zu setzen. Und das erfordert politischen Mut, weil es bedeutet, auch mal “nein” zu Wünschenswertem oder auch Sinnvollem zu sagen. Das gilt für die Politik, das gilt aber auch für die Verwaltung.

Wenn diese dem Rat eine Luxus-Planung von vorgestern für den Parkplatzausbau in Währentrup vorlegt, nicht weiß, dass es dazu bisher keinen Beschluss gegeben hat und trotzdem 140.000,– Euro dafür ausgeben will – dann sind Zweifel am Gelingen der Haushaltskonsolidierung erlaubt. Wenn die Bürgermeisterin durch jahrelanges untätig sein den Rat dazu nötigt, die Erstellung eines Personalentwicklungskonzeptes für 12.500,– Euro extern zu vergeben – dann sind Zweifel am Gelingen der Haushaltskonsolidierung erlaubt. Wenn eine Ratsmehrheit für die Beweidung der Sandgrube Haßler für die fachlich schlechtere weil unsichere Variante jährlich bis zu 5.000,– Euro Mehrkosten in Kauf nimmt, und das über Jahrzehnte hinweg – dann sind Zweifel am Gelingen der Haushaltskonsolidierung erlaubt. Wenn wir auch in diesem Jahr den ganz überwiegenden Anteil des Stadtwerke-Gewinns in den städtischen Haushalt abführen, anstatt damit anstehende Investitionen in die Versorgungssicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger zu finanzieren – dann sind Zweifel am Gelingen der Haushaltskonsolidierung erlaubt.

Wenn Ratsmehrheit und Verwaltung immer noch Denkmustern der 70er und 80er Jahre des letzten Jahrhunderts anhängen und zehntausende von Euros für Parkplätze ausgeben wollen – dann sind nicht nur Zweifel am Gelingen der Haushaltskonsolidierung erlaubt. Dann ist für uns die Grenze dessen überschritten, was wir im Wege eines Kompromisses mitzutragen bereit sind. Was für ein Signal wird mit solchen Investitionsprioritäten gesetzt? Was könnte ein Verein, eine Bibliothek oder eine Schule mit dem Geld bewirken, das allein für einen einzigen Parkplatz aufzubringen ist? Hier ist der investive Kompass durcheinandergeraten. Wir setzen andere Prioritäten und sind nicht bereit, die Verantwortung für Entscheidungen zu übernehmen, die unserer Meinung nach Fehlentscheidungen sind und das falsche Signal setzen.

Aus diesem Grund lehnen wir nach Abwägung zwischen Licht und Schatten den Haushalt 2014 ab.

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